Eltern von Sternenzwillinge zu sein, bedeutet unendlicher Schmerz. Ganz besonders, wenn sie so sehr gewünscht waren. Ninas Traum ging mit dem vierten Versuch einer künstlichen Befruchtung in Erfüllung: Sie wurde mit Zwillingen schwanger. In der 21. Schwangerschaftswoche bekam sie einen Blasensprung und damit begann die viel zu frühe Geburt ihrer geliebten Sternenzwillinge. Lies hier den sehr berührenden Leserbericht: Für immer Zwillingsmama – Ich musste meine Sternenzwillinge loslassen
Unser Weg war so ganz anders, als wir es uns je erträumt hätten. Mein Mann und ich wurden mit Emotionen konfrontiert, an denen wir unglaublich wachsen mussten. Unsere Reise zu unseren Zwillingen begann mit dem insgesamt vierten Versuch einer künstlichen Befruchtung, nach der sogenannten ICSI-Methode. Zuvor war ich bereits beim dritten Versuch schwanger geworden. Doch in der sechsten Woche hatte ich eine frühe Fehlgeburt.
Nach der künstlichen Befruchtung begann die Wartezeit – Sternenzwillinge
Unsere zwei Blastozysten zogen am Pfingstmontag 2018 bei mir ein. Scherzhaft sagte der Arzt: Es wären Harry und Meghan. Denn die beiden hatten zwei Tage zuvor in Großbritannien geheiratet. Nach dem Transfer der Embryonen beginnt bei jeder künstlichen Befruchtung die Wartezeit, in der man einfach nichts tun kann. So hörte ich auf jedes Ziepen und Zwicken und interpretierte oft viel zu viel hinein.
Schwanger! Endlich zeigte sich eine zweite Linie
Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch. Deshalb gehöre ich zu den Frühtesterinnen und führte bereits fünf Tagen nach Transfer (entspricht dem Eisprung + 10 Tage) einen Schwangerschaftstest durch. Zu meinem Erstaunen färbte sich der Test ganz zart rosa. Jeden Tag machte ich also einen weiteren Schwangerschaftstest und siehe da, die zweite Linie zeigte sich immer deutlicher. Ich war eindeutig schwanger und konnte es kaum glauben.
Dann eines Morgens plötzlich die Ernüchterung, eine Blutung. Ich meldete mich auf der Arbeit krank und fuhr sofort in die Klinik. Hier konnte man mir nur Blut abnehmen, denn es war zu früh, um im Ultraschall etwas zu sehen. Mittags dann der erlösende Anruf, mein HCG-Wert lag bei 549 und ich sollte in einer Woche zum ersten Ultraschall kommen.
Die Blutung hielt an. Doch wir freuten uns riesig darauf, das erste Mal unser Baby sehen zu dürfen, und es zeigte sich sofort im Ultraschall. Eine Woche später dann der zweite Ultraschall mit einer großen Überraschung: Denn plötzlich sahen wir zwei Babys mit schlagendem Herzen. Wir bekamen Zwillinge. Was für eine schöne Überraschung. Mit diesem Termin wurden wir aus der Kinderwunschklinik entlassen und der Frauenarzt übernahm die Betreuung.
Zu unserer großen Überraschung erwarteten wir Zwillinge
Ab der 11. Woche ging ich wieder arbeiten. Die Blutungen waren weg und ich fühlte mich gut. Der erste große Ultraschall in der 12. Woche war so toll. Der Arzt war sehr zufrieden mit unseren Mäusen.
In der 16. Woche ging es mir immer schlechter. Eine dicke Blasenentzündung (mitten im Hochsommer) und die fiese Schwangerschaftsübelkeit machten mir sehr zu schaffen. Mein Allgemeinzustand wurde immer schlechter und ich kam ins Krankenhaus.
Dank Infusionen stabilisierte ich mich schnell wieder. Da es ein kleineres Krankenhaus war, war ich mit meiner Zwillingsschwangerschaft das Highlight. Die jungen Ärzte sagten mir, dass wir wohl zwei Mädchen erwarten. Als es mir besser ging, wurde ich wieder aus der Klinik entlassen.
Zwei Wochen später stand der zweite große Ultraschall mit einer weiteren Überraschung an: Es waren nicht zwei Mädchen, sondern es zeigten sich ein Mädchen und ein Junge. Sofort standen für uns die Namen fest. Maya Charlotte und Leo Fynn, würden unsere Schätze heißen.
Plötzlicher Blasensprung in der 21. SSW
Ein paar Tage später ging ich wieder arbeiten. Doch es sollten nur drei Tage sein. Denn am Morgen des vierten Tages passierte das Unglaubliche: Blasensprung im Büro. Notarzt und Rettungswagen brachten mich sofort in die Klinik. Wir bekamen die erschütternde Diagnose, dass die Fruchtblase des unten liegenden Zwillings, unserer Tochter Maya, nahezu komplett leer war. Ich wurde aufs Zimmer gebracht, mein Mann fuhr heim, um mir ein paar Sachen zu packen. Währenddessen bekam ich Wehen.
Unsere Maya kam still zur Welt – Sternenzwillinge
Sofort wurde ich in den Kreißsaal gebracht. Nach dem Ultraschall war klar: Maya würde heute zur Welt kommen. Die Hebamme und die Ärztin erklärten uns, dass Maya vermutlich unter der Geburt versterben würde. Im Ultraschall war zu sehen, dass ihre Herzfrequenz sehr niedrig war. Mein Mann kam zurück in die Klinik und 35 Minuten später kam Maya still zur Welt. Trotzdem war der Moment für uns perfekt.
Unsere Maya wurde wie jedes Kind vermessen und gewogen. Sie bekam ein Babyarmband. Zuvor hatten wir uns im Gespräch mit der Hebamme dazu entschlossen eine Sternenfotografin kommen zu lassen, die unsere wenigen Momente mit Maya einfangen sollte. Eine Stunde nach der Geburt wurden wunderschöne Fotos gemacht, die für uns eine so wichtige Erinnerung sind. Danach wurde uns ganz viel Zeit gelassen mit Maya.
Auch am nächsten Morgen wollten wir wieder zu unserer Tochter, ein letztes Mal streicheln, küssen, fühlen. Auf unseren Wunsch hin, kam ein Pfarrer und segnete Maya. Danach sollte der schwerste Gang unseres Lebens folgen: Wir legten Maya in ein Körbchen, gaben ihr einen letzten Kuss und verließen den Kreißsaal ohne unsere Tochter.
Das zweite Zwillingsbaby war topfit und wir hofften, es bis zur 25. SSW zu schaffen
Es folgte eine Untersuchung beim Oberarzt, um nach Leo zu sehen. Er war topfit und tanzte munter durch meinen Bauch. Ihm schien die Aufregung des Vortages nichts auszumachen. Aber der Arzt teilte uns auch mit: Ab jetzt ist jeder Tag auf Messersschneide. So viele Faktoren mussten stimmen damit wir das Mindestziel, nämlich die 25. Woche, erreichen.
In der 22. SSW zeigten sich leichte Wehen
Die Tage verliefen gut. Ich blieb die ganze Zeit in der Klinik. Zehn Tage nach Mayas Geburt bekam ich frühmorgens Wehen und wurde ans CTG angeschlossen. Es zeigten sich leichte Wehen. Über den Tag wurden die Wehen stärker und nachmittags um 15 Uhr hing ich wieder am CTG. Beim Gespräch mit der Ärztin verweigerte sie mir den Wehenhemmer, den ich zuvor bereits mehrfach bekommen hatte, mit der Aussage, dass unser Sohn aktuell in der 22. Schwangerschaftswoche (SSW 21+5) nicht lebensfähig sei. Es fühlte sich wie ein Schlag ins Gesicht an.
Leos Geburt war nicht mehr aufzuhalten – Sternenzwillinge
So kam es, wie es kommen musste: Abends um 19 Uhr hing ich wieder am CTG. Die Untersuchung danach besiegelte unser Schicksal. Die Geburt war nicht mehr aufzuhalten. Ich wurde in den Kreißsaal verlegt. Am Pflegestützpunkt sahen wir die Hebamme, die uns schon bei Maya betreute. Wir baten sie darum, uns wieder zu begleiten.
Leos Geburt dauerte länger. Es kam zu einem Stillstand. Ich bekam eine PDA, die nicht richtig lag, weil nur ein Bein betäubt war. Nachts um 2.14 Uhr kam Leo zur Welt und lebte. Und der Moment war genauso perfekt wie bei Maya. Wir bestaunten unseren kleinen Sohn, wie er auf unsere Berührungen reagierte. Nach einer Untersuchung durch die Kinderärztin wurde die Vermutung von zuvor bestätigt: Sie konnten Leo nicht helfen. Er war einfach zu schwach. Obwohl wir in einer Klinik mit Neo Level 1 waren. Leo war einfach zu klein.
Wir entschieden uns gemeinsam dazu, dass Leo gehen durfte, und so verstarb er um 3.07 Uhr auf meiner Brust. Für uns brach eine Welt zusammen. Mussten wir doch schon Maya gehen lassen.
Da sich die Plazenta von Maya nicht löste, musste ich in den OP zur Ausschabung. In der Zeit wurde Leo gewogen, angezogen und erneut kam unsere Sternenfotografin mitten in der Nacht. Nach der OP durfte ich wieder zu meinen Männern. Kurz danach wurden wir auf mein Zimmer gebracht, um uns auszuruhen.
Lange hielten wir es im Zimmer nicht aus. Wir wollten wieder zu unserem Leo. Auch Leo wurde vom Pfarrer gesegnet. Dann sollte erneut der Moment folgen, der für uns so schlimm war: Abschied. Ein letzter Kuss und wir verließen den Kreißsaal ohne unseren Sohn. Bis zum Aufzug liefen die Tränen. Alle Menschen um uns herum sahen uns an. Das nahmen wir aber kaum wahr.
Entlassen ohne meine Sternenzwillinge
Maya Charlotte * 20.09.2018, 25 cm und 290 Gramm
Leo Fynn * 1.10.2018, 25 cm und 380 Gramm
Einen Tag später wurde ich aus der Klinik entlassen. Vier Wochen später wurden Maya und Leo gemeinsam in einem Sternenkindergrab bestattet. Für uns werden sie immer unsere Zwillinge bleiben. Auch jetzt, da wir Eltern von einem sechs Monate alten Jungen sind, sind unsere Sternenzwillinge immer bei uns.
Liebe Nina, danke für deinen so mutigen Bericht. Maya Charlotte und Leo Fynn bleiben für immer unvergessen. ?
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